Und gerade ist wieder ein Album der Gesamtaufnahme von Joseph Haydns Quartetten mit dem Leipziger Streichquartett beim audiophilen Label Darbringhaus und Grimm erschienen. Es ist bereits Vol. 20, der vorzüglichen Serie.
(siehe dazu auf haute-culture-jdg.de weitere Besprechungen)
Diesmal haben sich die vier Musiker an Haydns sogenannte Tost Quartette von 1788 gemacht, an die erste Reihe der insgesamt 6 Quartette aus op. 54 und op. 55, die man sich zusammen denken muss. Erst die Verleger, bereits im 18. Jahrhundert, haben mit dieser Unsitte des Splittens begonnen. Darunter Sieber in Paris.
Diese Haydn-Quartette entsprechen dem Quatuor concertant mit führender erster Violine, wie es in Paris just um diese Zeit kurz vor der französischen Revolution en Vogue war.
Freilich vergisst bei aller Brillanz Haydn niemals die anderen Stimmen kunstvoll einzuflechten.
Es gibt reizvolle Dialoge zwischen Cello und erster Geige in langsamen Sätzen. Im Trio des ersten G-Dur Quartetts erhält das Violoncello solistische Kapriolen. Auch die zweite Geige eröffnet motivisch das dritte Quartett in E-Dur. Allerdings ist die erste Geige stets die prima Inter parens. Haydn hatte seinen früherem ersten Geiger zu Esterhazy Johann Tost die Vermarktung der Stücke überlassen, weshalb die Serie als Tost-Quartette in die Geschichte eingegangen sind.
Wieder gelingt den vier Musikern mit Stefan Arzberger und Tilman Büning, Violinen, Ivo Bauer, Viola und Peter Bruns, Violoncello eine mustergültige Interpretation dieser Preziosen Haydns. Mit warmer Tongebung, ausgefeilter Linienführung und passenden Tempi wird ein klassischer Haydn im besten Sinne zelebriert. Ohne je zu akademisch zu sein.
Wie flockig wirbelt die erste Geige im Eingangs-Satz des G-Dur Quartett zusammen mit den drei anderen Stimmen. Wie heiter und charmant strömt das Allegretto. Wie folkloristisch volkstümlich zeigt das Menuet sich und ein Presto voller Witz und Humor schließt das Ganze. Im zweiten Quartett beeindruckt immer aufs Neue das Adagio mit seiner geheimnisvoll glitzernden Solovioline was einen geradezu in die ungarische Puszta versetzt. Und das beschließende Adagio mit eleganter Cello-Kantilene und eingeschobenem Presto gelingt hier besonders charaktervoll.
Im dritten Quartett in E-Dur beeindruckt insbesondere der langsame liedartige Satz mit seinem dramatischen Einschub.
Eine Hommage an Haydn des Leipziger Streichquartetts ist das ohne wenn und aber. Historisch informiert ohne historistische Allüren.
Ich denke selbst Haydns anspruchsvoller Mäzen und Dienstherr Fürst Nikolaus Esterhazy wäre damit glücklich gewesen.
Jean B. de Grammont