Es ist freilich ein Wagnis, sämtliche Violinsonaten Ludwig van Beethovens erneut einzuspielen. Denn es gibt so viele hervorragende Aufnahmen, die Referenz-Status für sich beanspruchen können. Erinnert sei nur an die Aufnahmen mit Geigern wie Yehudi Menuhin, David Oistrach, oder an den wunderbaren Dialog von Arthur Grumiaux und Klara Haskil. Gidon Kremer und Itzak Perlman könnte man heranziehen u.v.a.m.
An historisch informierten Teilaufnahmen sei etwa die von Daniel Sepec und Andreas Steier auf einem Flügel der Beethoven Ära erwähnt.
Dennoch haben es Lena Neudauer Violine und Paul Rivinius Klavier gewagt, beim Label CPO in Zusammenarbeit mit dem Saarländischen Rundfunk, eine neue Gesamteinspielung auf 3 CDs in einer ansprechenden Box mit Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ auf dem Cover vorzulegen. Wie bei CPO üblich gibt es einen umfangreichen fundierten Einführungstext.
Mit modernem Bogen und Flügel, aber durchaus mit historischem Background wird gespielt. Und, das sei gleich vorweggenommen, Lena Nedauer und Paul Rivinius ist diese Aufnahme durchaus gelungen. Es ist eine feinsinnige Interpretation aller 10 Sonaten geworden.
Durchaus homogen mit klarem Violinklang von Lena Neudauer und plastisch modulierten Accompagnement von Paul Rivinius am Flügel, der sich hier von Beethoven so gedacht als gleichberechtigter Dialogpartner erweist und wenn es sein muss Zurückhaltung üben kann, um Lena Neudauers Violine um so klarer singen zu lassen. Freilich bietet die Aufnahme jetzt nichts Spektakuläres, ein um jeden Preis anders Machen Wollen ist hier nicht beabsichtigt.
Nicht nur Beethoven Fans bekommen hier alle Stücke zusammen und können von den ersten drei Sonaten op.12, die ganz den Einfluss Mozarts und dennoch Beethovens Eigenheiten zeigen und verstehen lassen, dass der Wiener Neuling als Original-Genie bei den maßgeblichen aristokratischen Kreisen und in der Haute-Bourgeoise gefeiert wurde.
Und bei dem Gegensatz-Paar der Sonaten op. 23 und op. 24 wird einmal in der eigenartigen a-Moll Sonate die Expressivität betont und in der später sogenannten Frühlings-Sonate das pastorale Naturgefühl und das Sangliche.
Ebenso wird das Charakteristische der Sonaten op. 30 trefflich gegeben. Und was wäre eine Beeethoven Violin-Sonaten Einspielung ohne die profunde und eigenwillige Kreutzer-Sonate, mit aller Virtuosität und Kühnheit geboten vom Solo-Auftritt der Violine des Beginns an, bis zur letzten geradezu naturmystischen zehnten Sonate, die im Eingangs-Satz Waldidyllle und Vogelgesang hochromantisch verklärt, uns von Beethovens Naturliebe spricht.
Jean B. de Grammont