Felix Mendelssohn Bartholdy bei CPO

Felix Mendelssohn Bartholdy war einer der großartigsten Komponisten der deutschen ersten Romantik.
Begünstigt von der Glücksgöttin Fortuna kam er in idealen wirtschaftlichen Verhältnissen zur Welt. Als Sohn des begüterten jüdischen Bankiers Mendelssohn standen ihm alle Türen offen und eine wahrhaftige Förderung seines unglaublichen Talents war möglich.
Die Familie Mendelssohn förderte sein musikalisches Genie wie auch das seiner Schwester Fanny ausdrücklich.
Der junge Mendelssohn galt als Wunderkind und bereits mit 12 Jahren komponierte er reife Streichquartette wie Streichersinfonien und ein paar Jahre später das berühmte Oktett für zwei Streichquartette (siehe dazu eine Konzertkritik auf haute-culture-jdg.de)

Felix, der Glückliche, der Name scheint Programm.
Ja Mendelssohn besann sich auf die alten Meister und entdeckte Johann Sebastian Bach neu.
Nicht allein die Musik war sein Steckenpferd, sondern ebenso die Malerei, er war ein sehr begabter Aquarelllist und Zeichner, zudem pflegte er eine wortgewandte Korrespondenz und war ein sehr gut beobachtender Tagebuchschreiber.

Felix Mendelssohn Bartholdy, das ist ein reiner Glücksfall der Musikgeschichte.

Bei Johann Wolfgang von Goethe war Mendelssohn immer wieder im Hause und spielte dem alten Dichter auf dem Flügel vor.
Wie er in einem Brief an seine Eltern berichtete forderte ihn der alternde Goethe auf, auf dem Streicher-Flügel im Salon der Minerva doch ein wenig „Lärm“ zu machen.
Bisweilen spielte der junge Mendelssohn Fugen des alten Bach vor neben eigenen Kompositionen. Darauf sagte Goethe; es wäre darin als ob die Welt sich mit sich selber unterhalte und der Dichter sprach von mathematischen Aufgaben der Musik.
Einen Bogen seines Manuskripts von Faust schenkte Goethe Mendelssohn mit der Widmung:
Dem lieben jungen Freunde Felix Mendelssohn-Bartholdy, kräftig zartem Beherrscher des Pianos, zur freundlichen Erinnerung froher Maientage 1830.
Mit anderen Dichtern und Denkern der Romantik stand der Komponist ebenfalls im Austausch oder gar in Freundschaft. Händel nahm sich Mendelssohn zum Vorbild bei seinen Oratorien.

Felix Mendelssohn reiste gern und viel.
Etwa nach Italien und England wie Schottland. Großartige Programm-Sinfonien, die heute zu den Klassikern des Repertoires zählen wie etwa die Schottische und die Italienische waren die Folge.

Mendelssohn war ein Weltmann von Format, der in London auftrat und zu den Lieblingskomponisten von Queen Victoria zählte.

Vielleicht war er der eleganteste aller Komponisten der Romantik? Später hat man ihm deshalb allzuviel Glätte vorgeworfen, ungeachtet seines kühnen Künstlertums. Noch später in den finsteren Zeiten des Nationalsozialismus gar ganz verbannt.
Längst kehrte wieder Gerechigkeit ein, und Mendelssohn Bartholdy wird in der ganzen Fülle seines Wirkens gewürdigt.

Beim Label CPO gibt es eine feine Selektion seines Oeuvres auf mehreren CDs. Von denen ich hier eine kleine Auswahl vorstellen möchte. Die Streichersinfonien sind leider vergriffen, können aber online heruntergeladen werden.

Bemerkenswert ist unter anderem die Aufnahme seiner ersten großen Sinfonie, hier kombiniert mit seinem frühen Violinkonzert für Geige und Streicher und als höchst interessante Dreingabe einer Sinfonie von Friedrich Schneider.
Die Capella Coloniensis in historischer Spielweise unter Altmeister Sigiswald Kuijken am Pult macht daraus eine ausgezeichnete Erkundungsreise.

Schneider war ein frühromantischer ausgesprochen begabter Zeitgenosse Mendelssohns und gut eine Generation älter. Heute zu Unrecht weitgehend vergessen war Schneider zu Lebzeiten ein berühmter wertgeschätzter Meister, stilistisch in der Nachfolge Beethovens stehend, aber mit ganz eigenem Gepräge, war Schneider hauptsächlich als Hofkapellmeister in Dessau tätig, komponierte in allen Gattungen und vor allem große Oratorien. Robert Schumann rühmte Schneiders architektonische Qualitäten.
In dieser Aufnahme seiner Sinfonie Nr. 17 wird das bestätigt. Mit kühnem Schwung werden die Sätze geboten, die Schneider als außergewöhnlichen Sinfoniker zeigen, der raffiniert zu instrumentieren verstand
und seine Sätze meisterhaft baute.

Jiri Kurosaki übernimmt den Part auf der Solo-Geige im frühen Violinkonzert Mendelssohns, das der Komponist ebenfalls dem Geiger Freund Ferdinand David widmete wie das spätere berühmte Violinkonzert. Die Geige glänzt und funkelt hier, die Musik des Streichorchesters klingt ein wenig wie ein in die Romantik übersetzter Carl Philipp Emanuel Bach.
Besonders delikat fallen dann die Bläserklangfarben in Mendelssohns erster großer Sinfonie aus. Die hier ein würdiges Plädoyer mit den Klangmitteln ihrer Zeit erhält. Gerade die Details werden dank Sigiswald Kuijkens feinsinnigem Dirigat sehr subtil herausgestellt.
Ein kraftvoller Mendelssohn ist das, dynamisch und frei von romantischen Klischees. Das Finale mit seiner Fugato-Remiszenz an Mozarts Jupiter Sinfonie erstrahlt hier poetisch duftig und kraftvoll zugleich.

Ein gelungenes Eintreten für Mendelssohns Meisterschaft in der Gattung Streichquartett führt hier das Minguet Quartett mit einer Auswahl aus dessen Quartett-Schaffen auf drei Alben.
Es kommt eines der ersten Streichquartette zu Gehör, des erst 12 jährigen jungen Meisters. Hören wir es, wird klar warum Felix als Wunderkind tituliert wurde. Das Stück zeigt eine Reife wie sie nicht einmal der zwölfjährige Mozart kannte. Die Auseinandersetzung mit Beethovens Quartetten ist offensichtlich.
Dennoch findet Felix Mendelssohn hier einen eigenen Tonfall. Die Darbietung überzeugt in ihrer klanglichen Schönheit und Struktur.
In der Canzonetta des Opus 12 klingt bereits der Tonfall der Sommernachtstraum-Musik an. Im viel später publizierten Quartett op. 81 ebenfalls ein Frühwerk erweist der junge Felix der Quartettkunst eines Joseph Haydn Referenz vor allem in der finalen Fuge, die an Haydn Sonnenquartette op. 20 anknüpft.
Bemerkenswert sind ebenfalls die vier Stücke für Streichquartett, die aber kein homogenes Ganzes bilden. Zwischen Variations-und Fugenkunst stehen je ein munteres Scherzo und ein Capriccio ebenfalls mit kontrapunktischem zweiten Teil.
Zwei der reifen Quartette op. 44 bietet eine weitere CD dar in vollendeter Klangkultur verstehen es Ulrich Isfort und Anette Reisinger Violinen, Aroa Sorin Viola und Mathhias Diener Violoncello hier die Schönheiten des Quartettspiels hervorzuheben. Man fühlt sich an Goethes berühmtes Bonmot für ein Streichquartett erinnert, das ein Quartett sei wie ein Gespräch vier vernünftiger Leute. Obgleich hier bei diesen grands Quatuors concertons die erste Violine brilliert.
Ein besonderes persönliches Zeugnis ist Mendelssohns zugleich letztes Streichquartett, dass er auf den Tod seiner geliebten Schwester Fanny komponierte. Eine ergreifende Trauermusik im langsamen Satz und ansonsten von avantgardistischer fast schon auf Schostakowitsch vorrausweisender Zerissenheit wird es hier eindringlich geboten.

Ganz anders dann das Orgelwerk Mendelssohns auf drei CDs gebannt und eingespielt an den romantischen Walcker Orgeln der Kirchen in Schramberg und Hoffenheim von Christian Schmitt. Im Mittelpunkt stehen die sechs Orgelsonaten, dazu kommen Präludien und Fugen etc. Mendelssohn war ein begeisterter Organist, der auf Reisen gerne die Orgeln verschiedener Kirchen aufsuchte, um darauf zu spielen. Auf seiner Reise durch Süddeutschland und in die Schweiz machte der Komponist etwa Station in der barocken Klosterkirche von Rheinau bei Schaffhausen, wo die prächtige Orgel des Augsburger Baumeisters Leu ihm fantastische Klangfarben bot.
Christian Schmitt versteht es aufs Beste mit geschickter Registrierung und facettenreichen Linien diese romantische Nachfolge Johann Sebastian Bachs auf den wunderschönen historischen Orgeln zum Leben zu erwecken.
Eine mustergültige Interpretation und ein Must Have für Orgelfreunde.

Besonders brillante Beispiele für das romantische Virtuosen-Konzert für gleich zwei Klaviere sind die beiden Doppelkonzerte Mendelssohns.
Hier fantastisch vom bulgarischen Klavier-Duo Genova & Dimitrov in die modernen Konzertflügel-Tasten gezaubert. Begleitet vom Münchner Rundfunkorchester unter Leitung von Ulf Schirmer erwachen die Konzerte zu wahrer Größe.

Jean B. de Grammont