Psalmen und Orgelstücke von Sweelinck

Dem bedeutenden niederländischen Meister der Spätrenaissance und des frühen Barock Jan Pieterzoon Sweelinck ist eine neue CD des Labels CPO gewidmet.

Das renommierte Vokalensemble „Weser-Renaissance“ unter Manfred Cordes zusammen mit Jörg Jacobi als Orgelcontinuo Spieler sowie Edoardo Bellotti für die Solo-Stücke, an einem Nachbau einer norditalienischen Orgel vom Anfang des 17. Jahrhunderts nach Meister Carlo Prati von Orgelbauer Giovanni Pradella, setzt hier Maßstäbe für eine im normalen Konzertleben seltenst zu hörende Musik, die einen in eine andere Welt versetzt.

Zudem ist das Album dem kürzlich verstorbenen Organisten Bellotti zur Erinnerung gewidmet.

Das ausführliche Booklet geht auf die wechselnden historischen Zustände der alten Niederlande ein. Vor diesem Hintergrund ist Sweelincks Musik erst verständlich.
Sweelinck war an der Oude Keerk in Amsterdam lange Organist. Auch als der eigentlich Kunst-und Musik-feindliche Calvinismus seinen Bildersturm auf die geistliche Klangkunst ausdehnte konnte Sweelinck dieses Amt weiter ausüben zum Glück. Denn die Gemeinde wollte sich weiterhin an Musik erfreuen. Und die Stadt Amsterdam wollte mit Sweelinck am Cembalo sich wichtigen Gästen gegenüber kunstvoll in Konzerten präsentieren. Lange bevor ein Gustav Leonhardt sich wieder für das Instrument Cembalo und auch neben Bach und anderen Großmeistern für den Komponisten Sweelinck einsetzte. (Übrigens war Leonhardt ebenfalls an der Oude Kerk Organist)

Passend zeigt das CD Cover ein Interieur der Oude Kerk des Malers Emanuel de Witte von 1655.
Das Vokalensemble singt jeweils durch alle Stimmen doppelt besetzt Auszüge aus den in französischer Sprache gehaltenen Büchern der Psalmen Davids a capella, in Amsterdam zwischen 1604 und 1614 veröffentlicht, und den in lateinischer Sprache gehaltenen Cantiones Sacrae mit Orgelcontinuo. Die Sätze sind teils fünfstimmig und werden bis zum 8-stimmigen prachtvollen Doppelchor erweitert. Die Linien fließen in sanftmelodischen Kontrapunkten wie schwebend dahin. Homogen und klar gibt „Weser-Renaissance“ einen kunstvoll verinnerlichten Sweelinck, der stets rhetorisch die Text-Aussage in seiner Satzkunst hervorhebt.

Nicht weniger beeindruckend sind die Orgel-Solo-Werke. Ob es Toccaten sind oder Fantasien in der Manier eines Echo etc. oder Variationen über ein Kirchenlied, immer versteht es Eduardo Bellotti diese Orgelkunst mit großer Kunst der Darbietung zu vereinen.
Eine echte Empfehlung für Freunde des Nischen-Repertoires und Neugierige, die nicht nur niederländische Bilder anschauen wollen, sondern hören möchten wie es etwas vor der Zeit Ruisdaels und in der Jugend Rembrandts geklungen hat.

Jean B. de Grammont