Die sogenannten Preußischen Quartette Wolfgang Amadeus Mozarts sind die Frucht intensiver Arbeit und nach einer Reise des Komponisten unter anderem an den Hof des Preußen Königs Friedrich Wilhelm II in den Jahren 1789 und 1790 entstanden. Dieser König war ein ausgezeichneter Violoncello Spieler und ein Schüler Luigi Boccherinis. Mozart erhoffte sich wohl einen Auftrag von Seiten des Königs, erhielt diesen aber explizit nicht. Dennoch schickte sich der Komponist an, eine Serie von sechs Quartetten zu komponieren von denen er jedoch nur drei vollendete. Und so lag es für Mozart nahe, dem König in den geplanten 6 Streichquartetten eine besonders ansprechende Partie zu komponieren, worin der Monarch zugleich als primus inter pares glänzen konnte, ohne seine Virtuosität zu überfordern. Das gelang Mozart auf überaus wunderbare Weise.
Allenthalben ist zugleich der Geist Joseph Haydns zu spüren. Ohne das Vorbild seines väterlichen Freundes Haydn hätte sich Mozart kaum an Quartette gewagt, wofür die sechs Haydn gewidmeten Quartette ein beredtes Muster abgeben. Und das Schreiben von Quartetten fiel sogar Mozart, nach eigenem Bekunden, nicht leicht. Freilich ist davon nichts zu merken, hört man die vollendeten Werke. Allerdings gibt es in der handschriftlichen Partitur ein paar kleine Korrekturen und Striche. Mozarts feingliedrige Handschrift ist flüssig und überaus akkurat.
Nun hat sich das junge Chiaroscuro Quartett mit Alina Ibragimova, Hervin Benedi, Emile Hörnlund und Claire Thirion, diesem Torso von drei komponierten Quartetten angenommen. Auf Darmsaiten und in historischer Spielweise zumal. Das Streichquartett macht seinem Namen Chiaroscuro, dem Helldunkel in der Malerei, alle Ehre. Noch nie haben wir Kleinodien der Kammermusik so leuchten hören. In feinnuancierten Klangfarben erstrahlen hier alle Sätze wie mit dem Silberstift gezeichnet. Gleich das sangliche Allegretto des D-Dur Quartetts sotto con voce strahlt ungemein poetisch.
Und insbesondere das Andante, welches die anmutige Melodie von Mozarts Lied-Vertonung auf Goethes Gedicht "Ein Veilchen auf der Wiese stand" aufgreift, duftet hier zart und innig wie eine Blume des späten Rokoko. Die Interpretation atmet und lässt Raum. Sie wird nie forciert, zeigt wo es sein muss zugleich Kraft und rhythmische Agilität. Der Gesamtklang betört in seiner Feinheit. Es ist ein geradezu schwereloses irisierendes Schweben, dennoch kraftvoll und reich an Süße. Vor allem in den Variationen des F-Dur Quartetts kommt es zur brillanten Virtuosität und im Rondo Allegro das Finales wirbeln die vier Stimmen in Kapriolen, dass es eine Freude ist. Mozart ist hier nie Zuckerguss, eher Sphären-Musik, seine vollendete Musik erscheint wie ein Gruß aus fernen Welten. Es gelang eine Referenzaufnahme dieser Serie. Wenn dann das königliche Cello zu singen anhebt sind wir im Himmel des Amadeus angekommen.
Jean B. de Grammont