Beethovens Klavierkonzerte rahmen Schuberts Unvollendete
Capitale d‘été, die Sommer Hauptstadt Europas wie Baden Baden einst genannt wurde, gibt Anlass zu einem musikalischen Festival der Sonderklasse.
Der Geiger Daniel Hope war dabei mit einem reinen Mozart Programm. Die großartige Sopranistin Joyce di Donato gab einen Abend mit ausgefallenem Repertoire. Blumengebinde rankten sich um das Hauptportal des Festspielhauses, des alten Fürstenbahnhofes.
So dass schon beim Eintritt eine echt sommerliche Stimmung entstand.
Wir besuchten freilich nur das letzte der Konzerte, das Beethovens fünftes und viertes Klavierkonzert zum Besten gab und zudem Schuberts berühmte unvollendete Sinfonie inmitten stellte.
Das Chamber Orchestra of Europe ist ein Garant für hohe Spielkultur.
Und wenn ein charismatischer Dirigent wie Yannick Nézet Séguin am Pult steht wird es ohnehin zu bester Spielfreude angefacht.
Als Solist gesellte sich Seong-Jin Cho am Klavier hinzu.
Ähnlich wie Mozart führte auch Beethoven seine Klavierkonzerte im Akademien in Wien auf. Bei ihm allerdings funktionierte das nicht so gut mit der Vermarktung seiner Konzerte. Da hatte Mozart ein besseres Händchen. Natürlich sagt das nichts über die unvergleichliche Qualität von Beethovens Klavierkonzerten aus.
Gerade das vierte ist ein Meisterstück in eher kammermusikalisch gehaltener Kompositionsweise, die noch ganz in der Tradition eines Haydn und Mozart steht. Insbesondere der feingearbeitete Satz der Holzbläser ist ähnlich raffiniert wie in den Mozart Konzerten. Beethovens Melodik ist gerade hier überaus charmant und ansprechend. Also federte das sogleich mit dem Klavier einsetzende Allegro Moderato wunderbar leicht und elegant dahin und die feinen Solopassagen glitzerten nur so dank Seong-Jin Chos vorzüglichem Spiel, das facettenreich ist und farbenreich wie scheinbar schwerelos. Im Andante pocht ein ernstes Ostinato Moriv und begleitetet durchgehend die Seufzer Passagen des Flügels, die hier voller Gefühl und Feinsinn gegeben wurden.
Ein kraftvoll ausgelassenes Rondo Finale schloss sich voller Schwung und feierlicher Kraft an.
Auch hier überzeugten Solist wie Orchester unter dem affektvollen Dirigat von Maestro Nézet-Séguin wurde das Beethoven at it’s best.
Welch ein Kontrast daraufhin Schuberts nur in zwei Sätzen fragmentarisch überlieferte Sinfonie in h-Moll. Eine düstere Klangwelt mit spannungsreichen Holzbläser und Hornpassagen anhebend. Das bohrende Oboen-Solo auf den tremolierenden Skalen der Streicher ging tief in die Ohren der Zuhörerschaft.
Die spannungsreichen Bögen des Kopfsatzes wurden kraftvoll moduliert und die Crescendi spannungsreich aufgebaut. Wie verebbten die Horn-Stimmen darin. Ein romantisches Schaudern. Dagegen kommt das Andante con moto wunderbar pastoral und entspannend daher. Selten haben wir diesen Satz so fein nuanciert gehört, mit viel sanften Modulationen mit viel Licht und Schatten. Ein Schubert zum Träumen fürwahr.
Als Beethoven an seinem fünften und letzten Klavierkonzert komponierte belagerten gerade französische Truppen unter Napoleon die Hauptstadt Wien. Das Konzert trägt den Beinamen der Kaiser, aber es ist mehr eine Huldigung von Kaiser Franz von Österreich wie von Kaiser Napoleon. Manchmal klingt das marschartig im ersten Satz, und das Klavier Solo hat etwas von Glöckchen Klang. Insgesamt aber merkt man dem Konzert seine kriegerischen Entstehungsumstände nicht an. Das eröffnende Allegro ist ausgesprochen umfangreich, endlich setzt das Klavier mit seinen feinen Linien ein. Alle Kontraste dieses großartigen Satzes wurden wunderbar herausgearbeitet und die Symbiose aus Solist und Orchester war geradezu vollkommen. Auch die feierliche Klage des Adagio un poco moto berührte ungemein und zeigte in welche romantischen Sphären Beethoven in seinen letzten Jahren vordrang. Direkt schließt das ungemein fröhliche und tänzerische Finale sich an ein Stück , das wie eine Apotheose des Tanzes wirkt.
Hier mit überbordender Emphase und Spielfreude ausgelassen und gebührend gefeiert. Brillanter auf dem Flügel kann das kaum gegeben werden.
Seong-Jin Cho bedankte sich mit einem elegant melancholischen Rondo aus einer Sonate Joseph Haydns für den großen Applaus.
Das war alles so schön wie große Sträuße Sommerblumen in Musik übersetzt.
Jean B. de Grammont