


Wieder ist die Edition sämtlicher Haydn Sinfonien ein ganzes Stück weiter gerückt.
Das ist der Basler Haydn Stiftung zu verdanken und dem Dirigenten Giovanni Antonini, der mit seinem ureigensten Ensemble Il Giardino armonico und dem Basler Kammerorchester in historischem Klangbild, oder wenigstens dem was darunter verstanden werden könnte, sich anschickt, uns Haydn frisch und munter und frei von aller Zopfigkeit zu präsentieren.
Gerade sind beim Label Alpha Vol. 15.,16. und 17. erschienen. Wieder schmücken Cover und Textteil Fotografien von Meisterfotografen der legendären Agentur Magnum. Und gewiss ist Haydn hier bar von Langeweile, so munter und dennoch feinnervig überlegt wird musiziert.
Wieder gefällt bereits die Interpretation der Pariser Sinfonie La Reine, einst das Lieblingsstück von Königin Marie Antoinette. Entsprechend ist das Album betitelt.
Diese Pariser Sinfonien Haydns im Auftrag der Freimaurer-Loge Olympique komponiert, sind ein echter Meilenstein der Sinfonik des 18. Jahrhunderts. Nachdem Album au gout Parsien (siehe unsere Besprechung auf haute-culture-jdg.de unter dem Stichwort Pariser Sinfonien von Haydn) findet diese Serie somit ihre Fortsetzung. Beigesellt sind jetzt weitere Sinfonien aus anderem Kontext.
Wie schillert nicht der Eingangs-Satz von der königlichen Sinfonie hier mit der innewohnenden Dramatik und den Ruhepunkten der Solo-Oboe. Und dann verzaubert das Allegretto mit dem Titel Romanze mit duftigen bis melancholischen Passagen und gaukelnder Solo-Flöte, um nur ein paar Details hervorzuheben.
Ganz anders ist die Sinfonie Nr. 50, zu einem festlichen Anlass mit Pauken, Trompeten und Hörnern instrumentiert, sie besitzt Schwung und hat Überraschungs-Momente die Menge.
Und die dritte Sinfonie im Bunde ist die
Nr. 62 auf diesem Album, eine besonders charmante und ausgewogene Sinfonie.
Das in wellenförmigen Motiven dahinschwebende Allegretto an zweiter Stelle bezaubert.
Das Eingangs-Allegro ist besonders pfiffig. Das Menuett volkstümlich bis rustikal und das Finale stürmt dahin wie ein Wirbelwind.
Ferner gesellen sich zwei weitere CDs hinzu, die ebenfalls ein bezugnehmendes Motto haben zu bestimmten Sinfonien und Werken, die darauf zu hören sind.
Einmal heißt es Per Il Luigi, gemeint ist Luigi Tomassini, der erste Geiger von Haydns Orchester in Esterhazy. Entsprechend kommen Werke zu Gehör, in denen der Geiger sein Können zeigen konnte, etwa in Violin-Soli in den Sinfonien und erst recht in dem ersten der frühen aparten Violinkonzerte Haydns. Den Geigenpart übernimmt hier Dmitry Smirnov mit Akkuratesse.
In der Sinfonie Nr. 13 bieten sich im langsamen Satz ausgedehnte Soli für Violine und Violoncello. Außerdem wartet das Finale mit einer Überraschung auf, ein hier fugiertes Motiv, das erinnert den Kenner sofort an das Finale aus Mozarts berühmter letzter Sinfonie mit dem Beinamen Jupiter.
Mozart verarbeitete dieses schöne Motiv weit ausgiebiger wie hier Haydn. Hat Mozart diese frühe Sinfonie seines väterlichen Freundes gekannt? Und hat Mozart Haydn hier eventuell eine Hommage bereitet? Wir wissen es nicht genau zu sagen, aber es wäre eine Möglichkeit. Auch die beiden anderen Sinfonien, eine kurze dreisätzige und eine viersätzige haben ihre Besonderheiten.
Das dritte Album im Bunde mit dem Titel The Surprise wartet mit drei der zwölf großen Londoner Sinfonien Haydns auf und ergänzt diese um eine Opernouvertüre Gioacchino Rossinis zu La Scala di Seta. Das passt ganz wunderbar, schließlich gehen die späten Haydn Sinfonien beinahe bereits zu Rossinis frühen Opern zeitlich parallel.
Und mit der Überraschungs-Sinfonie von Haydn ist die mit dem Paukenschlag gemeint. Ein echter Schalk-Genie-Streich Haydns, unerwartet donnert ein Forte-Tutti mit Paukenschlag in einen ruhigen Variationen-Satz, um mögliches Einschlafen der werten Zuhörerschaft zu verhindern, wie uns die Anekdote schildert. Nicht minder reich an Überraschungsmomenten sind die beiden Londoner Sinfonien Nr. 90 und 98, vor allem wenn diese so munter und lebendig wie ausgefeilt gespielt werden wie hier.
Ich freue mich bereits auf die nächste Folge des Haydn-Projekts.
Jean B. de Grammont

