Carl Philipp Emanuel Bach beim Label CPO

Es wird Zeit, auf haute-culture-jdg.de über die Bach Söhne ein wenig beizutragen.
Auch über den großen Johann Sebastian Bach selbst wird noch mehr gehandelt werden, als bislang. Immerhin haben wir neue Aufnahmen von Cembalomusik und geistlichen Kompositionen des alten Bach bisher besprochen.

Gerade Carl Philipp Emanuel Bach ist einer der Bedeutendsten der Söhne. Spätestens seit 1988, das Jahr seines 200. Todestags, wird die Musik-Welt ihm wieder mehr und mehr gerecht.
Zu Lebzeiten galt dieser Bach-Sohn zusammen mit Johann Christian Bach als der berühmteste Bach schlechthin. Sprach man in Deutschland von Bach in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, so meinte man Carl Philipp Emanuel Bach. Sein Patenonkel Telemann hob CarI Philipp Emanuel hervor in seinem Nachruf-Gedicht auf Johann Sebastian, hier heißt es am Schluss. „Doch was insonderheit dich schätzbar machen kan, das zeigt uns Berlin in einem würdgen Sohne.“

Insbesondere Carl Philipp Emanuel Bachs epochales Lehrwerk „Über die wahre Art das Clavier zu spielen“ hatte Schule gemacht.
Joseph Haydn studierte es gründlich und später ebenfalls Ludwig van Beethoven. Sogar Wolfgang Amadeus Mozart, der u.a. Carl Philipp Emanuel Bachs Oratorium „Die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu“ in einer Bearbeitung, dank des Hinweises des Baron van Swieten, in Wien aufführte sagte über Carl Philipp Emanuel: „Er ist der Vater, wir sind die Buben“.

Gerade das Label CPO hat sich um Carl Philipp Emanuel Bach verdient gemacht.
Eine kleine Auswahl von nach wie vor lieferbaren CDs möchte ich hier vorstellen.
Dabei sind verschiedene Werke, erstens nämlich Trio-Sonaten, noch aus seiner Lehrzeit bei seinem Vater Johann Sebastian und später. Dann zweitens und drittens vor allem aus seiner Zeit als Kammercembalist Friedrich des Großen zu Potsdam verschiedene Cembalo-Konzerte sowie Sinfonien und viertens zuletzt aus seiner Zeit als Nachfolger seines Patenonkels Georg Philipp Telemann als Musikdirektor in Hamburg Festkantaten für den Gottesdienst.

Stets ist Ludger Remy als Dirigent und Cembalist beteiligt. Remy gründete extra das Ensemble „Les Amis de Philippe“ zur Pflege der Musik Carl Philipp Emanuel Bachs. Freilich nahm Ludger Remy, der leider 2017 verstorben ist, daneben weiteres Repertoire aus Barock, Klassik und Romantik auf. Darunter ebenfalls sehr gute Ersteinspielungen von Telemanns geistlicher Musik und seinen Liedersammlungen für CPO.

Man möge meinen Essay als kleinen Nachruf und Hommage auf den bedeutenden Musiker Ludger Remy verstehen.

Die Trio-Sonate war eine Hauptgattung der Kammermusik des Barock. Darin gab der junge Carl Philipp Emanuel unter Anleitung seines Vaters in den 1730iger Jahren schöne Muster.
Vier Triosonaten des 17jährigen haben sich erhalten. Das Trio in d-Moll ist womöglich eine Gemeinschaftskomposition von Vater und Sohn.
Les Amis de Philippe, hier besetzt mit Manfredo Zimmermann Traverso, Manfredo Kraemer Barockvioline, Monika Schwamberger Barockcello und Ludger Remy Cembalo geben bereits diesen frühen Carl Philipp Emanuel mit einer Eleganz und Klangschönheit, welche besagte Trios als moderne Musik im galanten Stil ausweisen. Kontrapunktisch solide gemacht und mit reicher melodischer Gabe geschrieben zeigen sie einen jungen Meister.
Der Tonfall weist schon in Richtung Empfindsamkeit. Besonders bei der in Frankfurt an der Oder entstehenden Triosonate in a-Moll wird der empfindsame Ton deutlich und erst recht in den drei Trios aus den 1740iger Jahren, die bereits in Potsdam komponiert wurden; die Flötenstimme war wohl Friedrich dem Großen zugedacht.
Auf zwei CDs können wir uns an den Trio-Schätzen Carl Philipp Emanuels erfreuen. Eine echte Empfehlung für Kenner und Liebhaber der Kammermusik.
Was Carl Philipp Emanuel Bach an ausgezeichneten Konzerten für sein Instrument das Cembalo und später das Hammerklavier geschrieben hat, verdeutlichen drei extra für die CD aus Handschriften eingerichtete Concerti aus dessen Berliner Zeit. Alles sind Erstaufnahmen.
Es sind ausgesprochen spannende und einfallsreiche Konzerte zwischen Sturm und Drang und Empfindsamkeit oder fast konzertante Sinfonien für Cembalo und Streichorchester, das einmal um zwei Traversflöten im Poco Adagio im F-Dur Konzert und um zwei Hörner in den zwei raschen Sätzen im c-Moll Konzert klangfarblich bereichert wird. Das erste wird von einem feurigen Allegro di molto eröffnet und das klagende Poco Adagio erhält seinen Zauber durch die dunkel Farbe gebenden Traversflöten. Das Cembalo bekommt exquisite Soli, voller virtuoser Brillanz und expressiver Ausdruckskraft.
Sturm und Drang zeigt das h-Moll Konzert in einem ungestümen Eröffnungssatz, einem melancholischen Adagio und einem lebhaftem Kehraus. Die Hörner geben den schnellen Sätzen des c-Moll Konzerts rhythmische Kraft. Wobei das Allegro assai umwerfend ungestüm ist. Das singende Andante wunderbar poetisch und das Presto ein heiteres Finale. Ludger Remy spielt vortrefflich und leitet das nun als Kammerorchester stärker besetze Ensemble Les Amis de Philippe mit Elan. Ein gelungenes Plädoyer für das frühe Clavierkonzert zwischen 1753 und 1763. Freilich hatte diese Gattung bereits Johann Sebastian Bach gepflegt, aber stilistisch eben anders.
Bekanntschaft mit fünf frühen Berliner bzw. Potsdamer Sinfonien von 1741 und vor allem aus den 1750er Jahren kann auf einer weiteren bemerkenswerten CD geschlossen werden mit Les Amis de Philippe unter Leitung von Ludger Remy.
Alles dreisätzige Werke. Eine ist nur für Streicher und ursprünglich hatten alle wohl diese Besetzung. Der Komponist fügte später, noch in seiner Berliner Zeit, teils Hörner und Holzbläser dazu. Eine Sinfonie in e-Moll zählt zu den raren Sinfonien in einer Moll-Tonart des 18. Jahrhunderts. Alle Werke sind ausgesprochen experimentierfreudig, bestechen durch rhythmischen Schwung und bizarre Einfälle wie schöne sangliche Melodien. Insgesamt schrieb C.Ph. E. Bach 19 Sinfonien, wobei die sechs Streicher-Sinfonien und die vier Orchester-Sinfonien mit 12 obligaten Stimmen aus der Hamburger Zeit die großartigsten sind. Aber diese früheren Berliner Sinfonien haben es in sich und sind sehr bemerkenswert. Vor allem wenn sie so feurig dargeboten werden wie hier.

In die Kunst der großbesetzen Kirchenmusik des Bach Sohnes führt eine weitere Doppel- CD ein. Das war in Hamburg die Hauptaufgabe des Komponisten als er die Nachfolge seines Patenonkels Telemann antrat. Freilich haben diese geistlichen Stücke nicht mehr viel gemeinsam mit den Kantaten des alten Bach.
Freilich demonstriert der Bach-Sohn in prächtigen Chören zuweilen auch die Kunst des Kontrapunkts. Besonders in dem großen Heilig-Chor, einem Doppel-Chor als Chor der Engel und der Völker deklariert. Womit die Osterkantate Nun danket alle Gott wunderbar schließt. Die Rezitative und Arien haben das neue Melos der Empfindsamkeit und frühen Klassik, wie es bereits der alte Telemann in seinem Spätwerk gepflegt hat. Ansonsten überwiegen festliche homophone Chöre. Die Pfingstkantate Herr lehr und thun, die zum Michaels-Fest und eine zu Weihnachten zeigen alle den Bach-Sohn auf der Höhe der Zeit. Oft bearbeitete Bach andere Kantaten und stellte diese neu zusammen. Besonders auch das Heilig war ein eigenes Werk. Carl Philipp Emanuel Bach führte zudem viele Telemann Jahrgänge und andere Komponisten auf. Es sind in jedem Fall sehr hörenswerte Kirchenstücke diese Hamburger Quartalsmusiken, zumal sie von dem Vokalensemble Himmlisch Cantorey und Les Amis de Philippe unter Ludger Remy prächtig musiziert werden.
Jeder Enthusiast der Musik des 18. Jahrhunderts sollte die hier besprochenen Aufnahmen in seiner Audiothek haben.
Jean B. de Grammont