Johann Nikolaus Forkel, in erster Linie bekannt als Musikgelehrter und Autor der ersten grundlegenden Biografie über Johann Sebastian Bach, war zugleich ein talentierter Komponist mit einem Oeuvre von über 100 Werken. Geboren 1749, verstorben 1818 war er Kind einer großen Kultur-Epoche. Glückliche Zeiten als Professoren der Musik-Wissenschaft geradezu geniale Komponisten in Personalunion waren wie auch ausgezeichnete Pianisten und Organisten. Eben all das vereinte Forkel in seiner Persönlichkeit. Von seinem Kollegen und Leiter der Berliner Singakademie Carl Friedrich Zelter, wurde er deshalb hoch gerühmt. Zugegeben gerade seine Bach Biografie, die Bach vorrangig als hervorragenden Tasten-Spieler würdigt, zeitigte fatale Folgen. Denn die alleinige Konzentration der deutschen preußisch geprägten Musik- Wissenschaft auf das Oeuvre Johann Sebastian Bachs führte dazu, dass sämtliche in Deutschland tätigen Zeitgenossen insbesondere Georg Philipp Telemann und viele seiner Kollegen als zweit- und drittklassig abgestempelt wurden. Allerdings ist diese Überstilisierung des alten Bach zum musikalischen Übervater nicht Forkels Schuld.
Friedrich Daniel Schubart aber hielt nicht allzuviel von dem Komponisten Forkel, was uns wundert, da er bezogen auf Mozart, Telemann und Haydn wie die Bachs wohlwollend sich äußerte.
Dabei war Forkel ein hochbegabter Tonsetzer.
An der Universität Göttingen gab er seine Vorlesungen zur Musik-Geschichte. Und in musikalischen Akademien führte er seine Werke selbst am Cembalo oder Fortepiano agierend auf.
Die Kölner Akademie unter Michael Alexander Willens hat nun zusammen mit dem Pianisten Tobias Koch beim Label CPO für Forkel eine Lanze gebrochen. Auf historischen Instrumenten werden vier große Klavierkonzerte aus der späteren Schaffenszeit des Meisters um 1800 gespielt. Insgesamt sind ganze 22 Konzerte überliefert.
Tobias Koch spielt auf einem Nachbau eines Walter-Flüges kristallinklar und tonschön. Die Klavierpartien sind anspruchsvoll, geschwinde Läufe, Arpeggien, aber auch sehr poetisch sangliche Passagen in den langsamen Sätzen. Das funkelt und leuchtet in den filigranen Klangfarben des Hammerflügels. Die Kölner Akademie begleitet ebenfalls mit historischem Instrumentarium mit Verve und Delikatesse.
Die Konzerte sind dreisätzig, zwei haben eine kurze langsame Einleitung. Meist treten Hörner und Oboen oder Flöten zu den Streichern. In einem Konzert zusätzlich Pauken und Trompeten. In einem weiteren Klarinetten. Stilistisch sind die Konzerte teils von der norddeutschen Schule beeinflusst. Carl Philipp Emanuel Bach etwa. Aber irgendwie haben sie auch süddeutsche Einflüsse. Sie stehen irgendwo zwischen Mozarts späten Konzerten und Beethoven und John Field. In jedem Fall ist die Einspielung ein schöner Beitrag zur Geschichte des Klavierkonzerts um 1800. Heroisch, pathetisch, poetisch, und etwas frühe Romantik geboren aus der Zeit der Empfindsamkeit, der feinnervigsten Phase des 18Jahrhunderts, alles ist in den Konzerten enthalten.
Wärmstes zu empfehlen und Dank an alle Beteiligten diese Musik aus dem Dornröschenschlaf der Archive wachgeküsst zu haben.
Jean B. de Grammont