
Der sinfonische Kontinent zwischen Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven um das Jahr 1800 herum ist erst noch zu erkunden und birgt manche Schätze, wie etwa die Sinfonik eines Friedrich Witt.
Ein Komponist, der selbst erst noch zu entdecken ist und dessen Sinfonien zwischen reifer Wiener bzw. Londoner Klassik eines Haydn und den frühen und späten Sinfonien Beethovens mit eigenen frühromantischen, aber überwiegend epigonalen Zügen durchaus würdig zur Seite stehen.
Früher hätte man in der Musikwissenschaft mit leicht abschätzigem Unterton von einem Kleinmeister gesprochen. Das war aber Witt keineswegs, er war ein ganzer Meister seines Fachs mit hohem musikalischen Können.
Das belegen die hier von der Kölner Akademie unter Leitung von Michael Alexander Willens im Klangbild und mit dem Instrumentarium ihrer Zeit beim Label COO aufgenommenen ersten drei Sinfonien Witts eindrucksvoll. Insgesamt schrieb Friedrich Witt sogar 23 Sinfonien. Witt begann seine Laufbahn in der großartigen Hofkapelle des Fürsten von Oettingen-Wallerstein als Cellist unter dem Leiter derselben und Komponisten Antonio Rosetti. Wohl erhielt er von diesem böhmischen Meister, der eigentlich Anton Rössler hieß, Unterricht in Komposition. Auch war Friedrich Witt mit dem Klarinettisten Friedrich Beer auf Reisen in Wien. Joseph Haydn hörte seine Musik. Haydns späte Sinfonik war offensichtlich Witts Vorbild. Alle drei hier eingespielten Sinfonien sind Werke für grande orchestre und sie erschienen im Notendruck nach 1804.
Eine Sinfonie Witts wurde sogar lange Zeit für ein Jugendwerk Beethovens gehalten. Sie fehlt hier. Was ein echtes Kompliment für Witt ist. Allerdings blieb Witt zeitlebens an den Nebenschauplätzen des damaligen Musiklebens als Kapellmeister des Fürstbischofs und dann des Besetzers und Napoleon Verwandten des Großherzogs von Toscana im fränkischen Würzburg.
Es ist in der Tat gewichtige Sinfonik mit reichem Bläsersatz, Holz-wie Blechbläsern als auch duftig eingesetzten Klarinetten.
Jede Sinfonie hat eine langsame Eröffnung, die raschen Sätze sind ausgezeichnet gebaut und haben satztechnische Finesse. Die lyrischen Gesänge der langsamen dritten Sätze erinnern an Haydn und die Finale mit rhythmischer Kraft haben tatsächlich etwas von Beethoven an sich. Feurig mit großer Präzision und einem feingeschliffenen Zusammenklang von Streichern und Bläsern werden diese Sinfonien hier in ihrer ganzen Pracht gegeben.
Eine echte Empfehlung für Neugierige, die mal Etwas Anderes hören wollen wie Beethoven und späten Haydn. Eine erfreuliche Repertoire-Erweiterung.
Jean B. de Grammont

