Streichquartette von Luigi Boccherini

Der aus Lucca stammende Komponist Luigi Boccherini zählt zu den besten Komponisten der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts. Heute ist seine Musik eher Kennern geläufig. Abgesehen von einem hübschen Menuett, das wenig repräsentativ für Boccherinis sehr individuellen Musikstil ist, wissen viele recht wenig über diesen Meister, der zugleich einer der besten Violoncello-Spieler seiner Zeit war.

Das Label CPO hat seinem OEuvre mehrere CD Kollektionen gewidmet, die zur Entdeckung dieser Schätze beitragen.
Etwa die Box mit sechs CDs, auf denen Boccherinis Kunst als Komponist von Streichquartetten festgehalten wird, ausgeführt von gleich drei renommierten Quartetten, wie dem Sonare-Quartett, dem Nomos-Quartett und The Revolutionary Drawing Room. Neben Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart war gerade auch Luigi Boccherini ein wegweisender Meister in der Gattung Streichquartett. Zusammen mit den frühen Quartetten Joseph Haydns und Franz Xaver Richters war Boccherini einer der ersten Komponisten der neuen Gattung des Streichquartetts um 1760 herum. Es erübrigt sich indes die Frage wer das Streichquartett erfunden hat. Wohl haben alle drei genannten Komponisten merklich zu dieser neuen Gattung beigetragen.
Übrigens wurde Luigi Boccherini zu Lebzeiten hoch geschätzt. Dafür steht das schöne Bonmot des Violinisten, Komponisten und Musikverlegers Jean-Baptiste Cartier von 1798 symptomatisch, das da lautet:
„Wenn der liebe Gott sich mit den Menschen unterhalten möchte, so würde er eine Musik von Joseph Haydn wählen. Möchte er aber selbst Musik lauschen, dann wählte er eine Komposition von Luigi Boccherini.“ Der berühmte Musikgelehrte und Reisende in Sachen Musik des 18. Jahrhunderts Charles Burney lobte Boccherini ebenfalls. „Sein Stil ist kühn meisterhaft und elegant zugleich. In seinen Werken gibt es Sätze in jedem Stil und genau in der Eigenart der Instrumente für die er schreibt; damit nimmt er einen hohen Rang unter den größten Meistern ein, die jemals für die Violine oder das Violoncello geschrieben haben.“
Ein beredtes Zeugnis für diese Kunst sind gleich Boccherinis frühe Quartette op. von 1761, die in Paris erschienen sind. Alles dreisätzige Quartette, die teils mit Menuetten schließen und einmal mit einer Fuga, wie in Haydns großartigen Sonnenquartetten op. 20. Freilich ist der Stil Bochherinis etwas anders. Es gibt nicht diese Satzdichte wie bei Haydn, kaum motivisch thematische Arbeit. Dafür aber melodische und rhythmische Finessen die Menge und ebenfalls eine souveräne Satzkunst, die den Streicherklang delikat auskostet. Alle sechs Quartette werden vom Sonare Quartett trefflich dargestellt. Es verwundert nicht, dass manchmal das Violoncello hervorgehobene Partien erhält. Die Poesie der langsamen Sätze verzaubert und der tänzerische Schwung der raschen animiert.
Auf der Höhe der Zeit zeigt sich Boccherini in den drei Quartetten op. 32 von 1780, aus der Zeit seiner Komponistentätigkeit beim spanischen Infanten. Eines ist dreisätzig und die anderen beiden sind viersätzig mit einem Menuetto in der Anlage also wie bei Haydn. Fast wie ein Violinkonzert beginnt das erste. Und das zweite in g-Moll verströmt eine bezaubernde Intimität und Melancholie. In der Satztechnik sind diese Quartette sehr kunstvoll. Bei dieser Serie gibt das Nomos Quartett dem Meister alle Ehre und interpretiert mit warmem Klang und feiner Detailarbeit.
Einen eigenen Reiz entfalten die kleinen zweisätzigen Quartette op. 33 von 1781. Drei davon werden mit singenden langsamen Sätzen eröffnet, die anderen drei mit einem lebhaften schnellen Satz. Tanzsätze voller Heiterkeit beschließen. Ab jetzt sorgt The Revolutionary Drawing Room für eine adäquate Darbietung. Nach dem Tod des Infanten wird Boccherini Kammercompositeur des Königs von Preußen Friedrich Wilhelm II, der bekanntlich ein guter Cellist war und welchem wir auch Mozarts wundervolle Preußische Quartette zu danken haben. (Siehe die entsprechende Besprechung auf haute-culture ) Das op. 39 ist dreisätzig und die beiden aus op. 41 viersätzig. Bei letzteren gibt ähnlich wie in den Mozart Quartetten ausgiebige Partien für das Violoncello ganz ihrem Auftraggeber auf den Leib geschnitten.
Endlich nach dem Tod des Preußenkönigs muss sich Boccherini allein durchschlagen.
1799 veröffentlichte der Meister in Paris eine weitere Serie von sechs Quartetten, die diese Auswahl beschließen. Zwei viersätzige Piecen und vier dreisätzige. Das sind reife Quartette in großartigem Stil, die zwar in der typischen Boccherini Manier später Klassik gehalten sind, aber bisweilen in der Lyrik der langsamen Sätze das Tor in Richtung Romantik öffnen. Vom Streichquartett mit dem schönen englischen Namen wunderbar verlebendigt.
Das ist eine Kollektion die jeder Kenner der Kammermusik in seiner Sammlung haben sollte.
Jean B. de Grammont