Mendelssohns Gärten von Thomas Lackmann eine Buchbesprechung

Mendelssohns Gärten, so lautet der Titel eines Buches über die Garten-Liebe des Philosophen Moses Mendelssohn. Autor ist der katholische Theologe und Historiker Thomas Lackmann.
Der Band ist bei Suhrkamp und im jüdischen Verlag erschienen.
Es ist ein vorzügliches Buch, das beschreibt -so der Untertitel-„Wie der Jude von Berlin in Lauben, Parks und Sommerfrischen fand, was zum Leben nötig ist.“ Überdies ist der Band ansprechend illustriert mit historischen Abbildungen des 18. Jahrhunderts zumeist: Stiche und Gemälde, die Parkgrundrisse und Gartenansichten zeigen.

Das macht aus dem Büchlein eine bibliophile Angelegenheit.

Es ist ein Buch, gut zu lesen im Park und im Garten. Vielleicht in einem Schlossgarten. Wir lasen es meistens in Baden-Baden auf den schönen Holzbänken der Lichtentaler Allee oder in dem Rosengarten an der Oos, sofern das Wetter mitspielte. Hier kommt man am besten hinein in die Geistes-Welt des Moses Mendelssohn, kann sich zurück versetzen in das Zeitalter der Aufklärung. Im Falle des Buches ist es das Friedrizianische Berlin, von König Friedrich dem Großen im aufgeklärten Preußen mit seiner Welt der Dichter, Denker Philosophen, Musiker und Künstler und vor allen Dingen ausgedehnten Gartenanlagen vom Kleinen bis ins Große. In zwölf Kapiteln, hier origineller Weise Spazierflüge genannt, führt Lackmann durch die Geschichte der Gartenkunst des 18. Jahrhunderts bis in die neuere Zeit des 19. Jahrhunderts, den zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit als viele Gärten von einst verschwanden. So heißt der erste Spazierflug „Der Bücherwurm träumt von frischer Luft“. Dann wird von den Gartenmoden der Zeit gehandelt. Von den Gärten der Weisheit biblische wie in den Schriften Mendelssohns behandelte. Bedeutende Personen aus dem Umfeld Moses Mendelssohns tauchen auf etwa die Dichter Gotthold Ephraim Lessing und Johann Gottfried Herder oder der Berliner Dichter Karl Wilhelm Ramler. Das ist zugleich eine Geschichte des trotz aller Toleranz rechtlich benachteiligten intellektuellen Judentums in Berlin und im 18. Jahrhundert wie Garten- und Geistesgeschichte. Der Autor geht bisweilen sehr ins Detail und ist nah an den Quellen. In den Gärten pflegte man Gesellschaften, traf man sich zum geistigen Austausch bei Speis und Trank.
Auch von den Modebädern des 18. Jahrhunderts wie Bad Pyrmont ist die Rede, selbst Moses Mendelssohn war hier zu Gast und schrieb: „Jeden Morgen kränzen frisch aufgeblühte Rosen meinen Gesundbecher“.
Aus Park-Beschreibungen und Gedichten wird zitiert. Eigene Parks und Gärten konnten sich allerdings nur die Nachfahren Moses Mendelssohns leisten, die Bankiers Mendelssohn.
Es ist in jedem Fall ein Buch dass man mit Gewinn zur Hand nehmen wird. Gesellschaftsgeschichte, Geschichte der Gartenkunst, Geschichte der Literatur und Philosophie, all das wird gestreift, in einem zwar Gelehrten, aber dennoch eleganten und gut lesbaren Stil.
Liebe Freunde des Zeitalters der Aufklärung, lest dieses Buch in Lauben und Parks noch diesen Sommer so lange bis die Morgenröte dämmert.
Ergötzt euch am Esprit und an der Empfindsamkeit des großen 18. Jahrhunderts aus dem Blickwinkel des Moses Mendelssohn und seiner Gartenliebe.

Jean B. de Grammont