Johann Sebastian Bach beim Label CPO

Natürlich gibt es beim Entdecker-Label CPO auch das bekannte Repertoire zu hören. Freilich selbst das in oft interessanten Aufnahmen, die bisweilen eine lohnende Alternative zum Etablierten bieten. So gibt es interessante Einspielungen auch von Johann Sebastian Bach. Freilich ist das komplette Werk des Großmeisters des deutschen Barock sehr oft eingespielt worden. Wir persönlich finden diesen Kult um den alten Bach ja etwas übertrieben, vor allem dann wenn Zeitgenossen wie Telemann und sogar Händel und erst Recht Italiener wie Franzosen, so Vivaldi und Scarlatti und Corelli, zudem etwa Rameau und Couperin verglichen mit dem teutonischen BACH für mindere Geister erachtet werden. Aber unter wahren Connaisseuren ist das ja schon länger nicht mehr so.

Das Label CPO hat eine bemerkenswerte Einspielung sämtlicher Orgelwerke vorgelegt, die wir bei Gelegenheit einmal gesondert vorstellen werden. Die unantastbare Größe Bachs als Orgelmeister zu bezweifeln aber auch zu loben, hieße Orgeln nach Leipzig bzw. Thüringen tragen.

Aber desgleichen gibt es feine Einspielungen der Orchesterwerke Johann Sebastian Bachs bei CPO und sämtlicher Solo-Kantaten.

Wer kennt sie nicht die sogenannten Brandenburgischen Konzerte? Concerts avec plusieurs Instruments, gewidmet dem Markgrafen von Brandenburg-Schwedt. Gleichsam symbolisch werden in den Klangwelten und Besetzungen dieser Concerti Tugenden und Ansprüche des barocken Fürsten lebendig. Im ersten Concerto mit seinen Waldhörnern und der Solo- Violino piccolo und zusätzlich Oboen und Fagott, die zu Streichern und Basso Continuo treten, ist es die Jagd. Im zweiten Concerto mit Clarintrompete, Oboe und Flauto Dolce in den Solo-Rollen ist es Mars und somit die Kriegskunst oder wenigstens Ruhm und Ehre. Mag in den drei Klangruppen des dritten Konzerts aus Violinen, Bratschen und Celli nebst Generalbass die Ordnung der Stände aus Klerus, Adel und Bürgern bzw. den Bauern als Fundament abgebildet sein. So eventuell im vierten Konzert der Fürst als guter Hirte seines Landes mit den Flauti dolci und der führenden Solo-Geige.
Im fünften mag wiederum der Ruhm und der Krieg gefeiert werden oder ist es mehr das festliche Leben bei Hofe mit den wirbelnden Soli des Cembalos und der eleganten Traversflöte und der exquisiten Solo-Violine. So mag das sechste Konzert eine Art Apotheose des Fürsten sein, eine Trauermusik im langsamen Satz, in seiner vornehmen silberdunklen Besetzung aus Gamben, Violen und Generalbass.

Natürlich gibt es unzählige gute bis exzellente Aufnahmen dieses Zyklus. Allein mit historischen Instrumenten. Hervorgehoben seien etwa nur die beiden legendären Aufnahmen des Concentus Musicus Wien unter Nikolaus Harnoncourt oder diejenige des Leonhardt Consorts unter Gustav Leonhardt. Dann die vielleicht schnellste Version mit der Musica Antiqua Köln unter Reinhard Goebel und an etwas jüngeren Aufnahmen die des Freiburger Barock-Orchesters und der Akademie für Alte Musik Berlin. Daneben gibt viele weitere sehr gute. Das sind sicher alles brillante Aufnahmen. Dennoch kann die Einspielung des Concerto Copenhagen unter Leitung des Cembalisten Lars Ulrich Mortensen da auf ihre Art mithalten. Allein die exquisite Aufnahme-Technik bei CPO und die eher kammermusikalische Besetzung ist sehr gelungen. Eine Aufnahme, die swingt und pulsiert und die Raffinesse und der Virtuosität dieser Concerts bestens gerecht wird.
Es lohnt also diese Doppel-CD zusätzlich sich zu kaufen, je mehr Aufnahmen es von Meisterwerken gibt, desto vielfarbiger schillern diese wie Juwelen.

Das gilt auch von den Konzerten für ein, zwei und drei, ja vier Cembali. Und von den Violinkonzerten und dem Doppel-Konzert für Violine und Oboe.
Wir kennen selbst gut eine der frühesten Aufnahmen des Leonhardt Consorts aller Cembalo Konzerte mit Gustav Leonhardt am ersten Cembalo zusammen mit seinem Lehrer und Schülern. Wir standen selbst mit Gustav Leonhardt in Briefkontakt und hatten die Ehre eines Privat-Besuchs im Salon im Bartolotti-Haus in der Heerengracht zu Amsterdam vor gut 18 Jahren. Dann sei die spätere Aufnahme mit Trevor Pinnock und seinem English Consort zusammen mit Kollegen und Schülern erwähnt. Und wir erlebten Ton Kopmann (einen Leonhardt Schüler) mit seinen Cembalo-Eleven live zusammen mit dem Amsterdam Baroque Orchestra mit einigen dieser Stücke vor Jahren beim Bodensee Festival.

Bei CPO liegen alle Cembalo-Konzerte ebenfalls mit Concerto Copenhagen und Lars Ulrik Mortensen vor. Ihm gesellen sich u.a. Trevor Pinnock hinzu und Marieke Spaans, Leonhardts letze Schülerin. Auch beim Concerto Copenhagen entfalten die Cembalo-Konzerte ihren Schwung und ihre filigranen Reize. Ob nun mit einem Cembalo oder zu mehreren. Teils sind darunter Bearbeitungen der Brandenburgischen Konzerte und der Violinkonzerte zu finden oder Einleitungen von Kantaten. Bach schrieb die Cembalo-Konzerte ja für sich und seine Söhne für das Leipziger Café Zimmermann zum Divertissement.
Ebenso werden hier die Violin-Konzerte trefflich gespielt und verglichen mit Aufnahmen wie der älteren mit Alice Harnoncourt und dem Concentus Musicus Wien oder der von Sigiswald Kuijken und La petite Bande können sie gut mithalten.

Nicht zuletzt wollen wir ein Auge werfen auf die Doppel-CD mit sämtlichen geistlichen Solo-Kantaten für Alt und Bass aus Bachs Leipziger Zeit. Die Mezzosopranistin Margot Oitzinger und der Bass Peter Kooij (beste Solisten für diese Musik) legen zusammen mit dem L‘Orfeo Barockorchester mit Michi Gaigg Violine und Carin van Heerden Oboe und Jan Jansen Orgel eine exemplarische Deutung dieser Preziosen vor. Diese Aufnahme ist erst 2024 erschienen. Darunter ist etwa die Kreuzstab-Kantate oder Ich habe genug zu finden und ferner Gott soll allein mein Herze haben oder Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust. Viele bekannte Sätze aus anderen Werken hat Bach hier verarbeitet. Das ist eine wirklich empfehlenswerte Aufnahme, sie sei allen Fans geistlicher Barockmusik ans Herz gelegt.
Jean B. de Grammont