Rossini Opernfestival Bad Wildbad 2025

ROSSINI IN WILDBAD 2025:
L’inganno felice | Semiseria-Oper von G. Rossini, Belcanto-Festival ROSSINI IN
WILDBAD 2025
Claudia Patanè, Musikalische Leitung

Jochen Schönleber, Regie, Bühne (nach einem Entwurf von Robert Schrag) und Licht 

Andrés Jesús Gallucci, Fortepiano
Xiangjie Liu*, Isabella
Francesco Bossi, Tarabotto
Eugenio Maria Degiacomi*, Batone
Paolo Mascari*, Duca Bertrando
Carlos Reynoso*, Ormondo
*Stipendiatinnen der Akademie BelCanto

ROSSINI IN WILDBAD 2025:
L’inganno felice | Semiseria-Oper von G. Rossini, Belcanto-Festival ROSSINI IN
WILDBAD 2025
Claudia Patanè, Musikalische Leitung

Jochen Schönleber, Regie, Bühne (nach einem Entwurf von Robert Schrag) und Licht 

Andrés Jesús Gallucci, Fortepiano
Xiangjie Liu*, Isabella
Francesco Bossi, Tarabotto
Eugenio Maria Degiacomi*, Batone
Paolo Mascari*, Duca Bertrando
Carlos Reynoso*, Ormondo
*Stipendiatinnen der Akademie BelCanto

obere zwei Fotos Copyright Rossini Festival Bad Wildbad alle übrigen beim Autor

Und wieder ging ein Rossini Festival in
Bad Wildbad zu Ende. Es war diesmal einfach fabelhaft von Anfang an. So sehr dass ich auf meiner Hinreise sogar von Jupiter höchst persönlich mit einem Blitzschlag begrüßt wurde.

Denn im Karlsruher Hauptbahnhof war der Blitz eingeschlagen, nichts ging mehr, bis zum nächsten Tag war die komplette Elektrik nicht mehr einsatzfähig, so dass ich zurück und direkt über Baden-Baden nach Württemberg und Wildbad reisen musste. Zum Glück kam ich aber noch hin, entgegen aller Unbilden.

Böse Zungen behaupten, der neue Werbeslogan der Deutschen Bahn heiße: „fährst Du Bahn, das ist der Wahn“.
Die nicht Blitzschlag-relevanten Verspätungen und Überfüllungen erwähne ich schon gar nicht mehr.

Vom mondänen indes leider fast zum „Möchtegern-Weltbad“ degenerierten Baden-Baden ins wildromantische Wildbad.

Vom Nasehoch-Bad ohne wirkliche Luxushotels momentan,

(einige sind noch Baustelle, abgesehen von geöffneten Teilen u.a. der Villa Stephanie, des mittlerweile wieder sehr empfehlenswerten Brenners- unlängst nahm ich auf Einladung eines guten Bekannten im eleganten und angenehmen Salon der Villa Stephanie einen feinen Tee und gerade öffnet der Europäische Hof..wir sind gespannt und dann gibt es ja noch das Maison Messmer, dessen Quicklunch qualitativ gut geblieben ist, freilich etwas teurer wie noch 2024. Und der Badische Hof, das erste Grand-Hotel überhaupt in Deutschland, einst vom Verleger Friedrich von Cotta gegründet kommt irgendwann dazu.
Sollten Sie hingegen von Karlsruhe kommen, kann ich im Erbprinz-der umbenannt werden sollte in „Zum alten Zepfhahn“- allenfalls das Klo empfehlen, alles Übrige ist auf dermaßen hohem Niveau angekommen, dass es sich gar nicht lohnt darüber Worte zu verlieren)

endlich ins natürliche und altmodische Wildbad inklusive seinen Bausünden der Beton-Boomer Zeit und dem herrlichen Park.

(Siehe dazu den Beitrag auf haute-culture-jdg.de Kurpark von Bad Wildbad)

Übrigens auch Wildbad war einst Weltbad, hier war es zwar nie so mondän, aber gut gelebt wurde ebenfalls. Und die Gäste des 19. Jahrhunderts gehörten genauso zur High-Society.

Es war mir eine Freude, hier in der Nacht anzukommen und mir blieb allerdings nichts anderes übrig als das einzige echte Romantik-Hotel des Orts aufzusuchen mit Rezeption rund um die Uhr. Zudem ausgezeichnet durch elegante Architektur des Art-Deco und Sternenhimmel Decken und mit Dauer-Soundtrack von Grillenzirpen und Enz-Rauschen. Ein echter Geheimtipp!

Rossini-Belcanto zu Wildbad, das ist ein Gioachino Rossini Festival für Kenner und solche, die es werden wollen.

Das Publikum international und kenntnisreich, wenn auch überwiegend im reiferen Alter.
Aber keine Sorge, es wachsen Enthusiasten nach.
Aber hier wo Rossini selbst zur allgemeinen Rekreation fand, ist die Gemüts-Ergötzung garantiert.

Der wackere Schwabe Jochen Schönleber sorgt seit Jahrzehnten für originelle moderne Inszenierungen mit Augenzwinkern und gut geschneiderten Kostümen von Claudia Möbius. Dies Jahr war für jeden etwas geboten. Vorbildlich sind ebenfalls die ausführlichen Programmhefte mit vielen Bildern und Faksimiles.

Inszeniert wurden Rossinis Opern L‘inganno felice und La Cerentola. Beide im wunderschönen kleinen Königlichen Kurtheater mit der so passenden Athmosphäre für diese „kleineren“ Opern und es gab als konzertante Erstaufführung die Version mit glücklichem Finale der großen dramatischen Oper Otello Rossinis in der Trinkhalle. Dann schloss die feine Opernakademie mit talentierten Stars vom Morgen, das garantiere ich, das Festival ab.

Als Auftakt wurde Rossinis petite Messe Solonelle in luftiger Höhe des Baumwipfel-Pfades gegeben. Diese späte Sünde der geistlichen Musik muss hier umso himmlischer geklungen haben.
Zumal mit Claudia Patane, einer sehr begabten Dirigentin aus Sizilien, neue Akzente gesetzt wurden. Eine der Überraschungen des Festivals dies Jahr. Claudia Patanè war für den erkrankten Dirigenten kurzfristig eingesprungen.

Doch nun zu L’inganno felice.
Glücklicherweise erhielt ich einen schönen Platz im königlichen Kurtheater, wo ich nichtsahnend
der neuen himmlischen directrice di orchestra direkt fast in die Noten und zumindest ihren aparten Nacken schauen konnte und ebenso die geschickt linkerhand in einer Loge platzierten Hornisten und das rechts oben auf der Empore aufführungspraktisch korrekt eingesetzte Tafelklavier zum Accompagnement der Rezitative, meisterlich gespielt von Andrés Jesus Galluci.

Im Orchester-Graben tat das Orchester der Philharmonie Krakau sein Bestens die wunderbare Ouvertüre zu L‘Inganno felice unter Claudia Patanès Dirigat zum Glühen zu bringen, erst mit sachten Streicher-Akkorden, dann mit reichem Rossini-Walzen und Crescendi, dass es eine Freude war. Delikat ist der Holzbläser-Satz schon von der Ouvertüre an, bei dieser Oper.

Diese Farsa in Musica uraufgeführt am Teatro San Moîse in Venedig 1811 nach einem Libretto von Giuseppe Foppa erzählt die Geschichte einer gestrandeten Frau, die keine andere ist wie die wegen angeblicher Untreue verstoßene Frau des Herzogs, weil Ormondo -ein bösartiger Vertrauter des Herzogs- eine Intrige eingefädelt hat. Sie strandet bei den Bergleuten und wird dort freundlich aufgenommen.
Erst 10 Jahre später wird es brenzlig, als der Herzog zur Kriegsvorbereitung mit einer Schar Soldaten samt Ormondo zur Inspektion der Minen auftaucht.
Entsprechend ist das Bühnenbild reduziert auf ein Bergwerksinterieur und der Herzog Bertrando samt Gefolge in modernen Fantasie-Uniformen nach Entwürfen von Claudia Möbius mutet an wie ein Afrikanischer Despot. Mit dem Geländewagen kommt er auf die Bühne gefahren. Dazu agieren einige Soldaten in stummen Rollen.
Die sängerischen Leistungen, der teils aus der Opern Akademie Belcanto rekrutierten Stimmen überzeugten bis beglückten von den Eingangs-Stücken bis zu der Cavatine des Herzogs Bertrando mit höchst elegant im Geländewagen vorgetragenen Flöten-Solo von Aleksander Olzewski an. Mit schlankbeweglichem Tenor von Paolo Mascari gesungen. Noch besser gefiel Xangjie Liu in der Rolle der Isabella, die ihre höchst anspruchsvolle Partie koloraturflockig meisterte. Carlos Reynoso gefiel in der Rolle des Ormondo mit kraftvollem Bass.
Gleichfalls Francesco Bossi in der Rolle des Tarabotto, des Anführers der Bergleute, mit schwarzem Bass.
So dass sich das Terzett von Isabella, Bertrando und Tarabotto entspannt entfalten konnte.
Batone der Vertraute Ormondos steht nun unter Druck, denn allmählich kommen die Winkelzüge Ormondos ans Licht. Da hilft auch alles Fuchteln mit dem Revolver nicht. Auch mit Batone ist mit dem Bassisten Eugenio Maria Diegacomi gut besetzt.
Darstellerisch überzeugten alle Sängerinnen und Sänger. Endlich kulminiert die Handlung als der Herzog seine Frau wieder erkennt. Ormondo wird festgenommen und mit den Tauen des Bootes mit den Isabella strandete festgezurrt.
Das herrliche Finale mit einem romantischen Hornmotiv einsetztend konnte dann endlich seinen Zauber enthalten im Jubel aller Stimmen zusammen mit den Holzbläsern und Streichern. Und wie hieß es nicht auf dem Textdisplay oberhalb des Theater-Vorhangs: Oh das hat Eindruck gemacht! Und zum guten hin, wie es scheint.“

Abends folgte konzertant in der Trinkhalle Rossinis Otello mit dem in ein lieto fine abgewandelten Finale. Lange Zeit wurde diese Änderung der tragischen Geschichte des Mohren in Venedig nach einer dramatischen Vorlage des großen William Shakespeare in Rossinis Oper als schlecht abgewertet entgegen der ersten Fassung mit konsequent tragischem Finale.
Dieses glückliche Ende wurde den römischen Gegebenheiten des Jahres 1820 zugebilligt.
Und Rossini löste das durchaus stringent, wie man sich in Wildbad in einer Erstaufführung dieser Version wohlgemerkt überzeugen konnte.

Es ist große heroische Oper, musikalisch etwas anders wie das was mit Rossini landläufig verbunden wird. Das zeigte die Darbietung in der etwas nüchternen Trinkhalle allemal mit großem Orchester der Szymanowski-Philharmonie Krakau unter dem Dirigat von Antonio Fogliani zusammen mit dem Chor dergleichen. Satte Orchesterklänge mit strahlendem Blech. Ein großes Solisten-Ensemble mit dem bass-starken Francesco Meli als Otello, der koloratursicheren Diana Haller als seine Geliebte Desdemona. Bassklar Nathanael Tavernier in der Partie des Senators Elmiro. Ihm zur Seite der Nebenbuhler um Desdemona Rodrigo mit Juan de Dios Mateus ausdrucksstark besetzt. Iago, der heimliche Freund Otellos mit Anle Gou schlank und Emilia mit Verena Kronbichler Mezzo-flockig gestaltet und zuletzt Paolo Mascari als tenorfeiner Doge waren die Anteile der Akademie BelCanto. Während es draußen kräftig regnete, rauschten innen Stimmen und Instrumente und das lange Werk schien im Fluge vorbei.

Wieder ins Königliche Kurtheater wechselte man am Sonntag-Morgen mit einem bekannten Dauerbrenner Rossinis, seiner Cerentola.
Dieses Aschenputtel hat ja eine Menge Stimmkraft aufzubieten und es ist eine Paraderolle für große Stimmen. Diese Oper ist eine Spur aufwändiger besetzt wie die anderen dieser Richtung von Rossini so kommt ein Männerchor hinzu.
Auch hier gelang eine ansprechende Interpretation, die von einer originellen Inszenierung begleitet war. Dieses Märchen von Aschenbrödel beruhend auf einer Fassung von Charles Perrault, das dann Jacobo Feretti in ein Libretto goss.
Einige Hauptrollen waren wieder mit bewährten Kräften besetzt, die bereits im Vorjahr bei der L‘italiana in Algieri und beim Comte Ory gute Leistungen vollbrachten. So sang Polina Alikina mit ausdrucksvollem Mezzo die Partie der Cerentola. Und Patrick Kabongo übernahm den Part des Don Ramiro mit kraftvoll gelenkigem
Bass.
WhatsApp Gruppen leuchteten im Hintergrund bei
den Szenen im Lustschloss des Don Ramiro. Und die Tafelszene wurde als lustvolles Bankett inszeniert. Jose Miguel Perez-Sierra befeuerte Chor und Orchester der Stymanowski-Philharmonie Krakau. Alle Details der Oper wurden klangschön ausgearbeitet und geboten.
Vom tumultuösen Beginn bis zum grossen Finale. Große Oper in intimen Rahmen war das!

Zum Beschluss ging es am Nachmittag nochmals in das heimelige Königliche Kurtheater mit dem Abschlusskonzert der Masterclass von Raúl Gimenez der Akademie BelCanto, wo alle jungen Talente ihr wirklich teils bereits überragendes Können in schöner festlicher Kleidung zeigen konnten.
Erst gewidmet einem anderen Gott der Oper namens Wolfgang Amadeus Mozart. Aus dessen reichen Opernschaffen präsentierten alle Beteiligten Ausschnitte zur Klavierbegleitung.
Vor allem aus Cosi fan tutte wurden ganz Ensembles gegeben. Darunter das große Abschieds-Quintett und das zauberhafte Terzett Soave sia il vento, wobei die junge sizilianische Sängerin Martina Saviano mit einer warmleuchtenden Sopranstimme besonders beeindruckte und mit dem feinen Mezzosopran von Sicong Zhao und dem konturreichen Bass von Eugenio Maria Degiacomi wunderbar verschmolz.
Vielleicht ist Martina Saviano die neue Maria Malibran, mit einem hoffentlich längerem Leben und am Beginn ihrer Karriere?
In Rezitativ und Arie der Foridiligi konnte Martina Saviano abermals ihr ausgezeichnetes Talent belegen.
Erst die zweite Hälfte war nun ganz Rossini gewidmet und mit Oleh Lebedyev gab es aus Figaro eine unvergleichbar treffend gegebene Darbietung der berühmten Arie „Largo al factotum“, wie wir sie selten gehört haben. Wohl der zweite Star von morgen? Auch die übrigen Beiträge überraschten mit Auszügen aus der L‘italiana, Maometto und La Gazetta.
In jedem Fall ist die Vorfreude aufs nächste Jahr groß, wenn es wieder heißt Belcanto mit Rossini.

Jean B.de Grammont