Mit einem großen Fest-Konzert im Weinbrennersaal des Kurhauses beging vergangenen Sonntag, den dritten November 2024, die Opernakademie Baden Baden ihr 40-jähriges Jubiläum. Wirklich ein Grund zum Feiern ist das! Denn in dieser langen Zeit wurden immer wieder herausragende junge Sängerinnen und Sänger gefördert.
Vor allem in Sachen Auftritt vor großem Publikum und im Zusammenwirken mit Orchester ist das eine gute Übung für die angehenden Talente. Konzertpodium und Bühne wollen gemeistert werden. Desgleichen gewährt der Verein Opernakademie finanzielle Hilfe und vermittelt Auftritte.
Elisabeth Serr in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der Opernakademie begrüßte die Festredner Christian Graf Bernadotte, Präsident des Europäischen Kulturforums Insel Mainau, und Dr. Roland Schenkel, Präsident der Patronatsgesellschaft Baden-Baden und alle Ehrengäste.
Die Philharmonie Baden-Baden übernahm den orchestralen Part unter Leitung von Ulrich Wagner.
Leider hatte man für den Schreiber dieser Zeilen nur sehr weit hinten Plätze übrig. Wir möchten keineswegs ganz vorne sitzen, wie bei ARD und ZDF, aber das erschwert gute Fotos zu machen. Und von Seiten der Philharmonie war zuletzt keine bewerbende Berichterstattung mehr „erwünscht“ worden. Vielleicht waren meine Rezensionen zu wohlwollend? Charons Nachen hat den verabschiedeten sicher verdienstvollen alten Orchester-Manager indes in den Hades gebracht, wo derselbe sich mittlerweile an dissonanten Gesängen vom Zischen der Glutöfen und Klappern eiskalter Gebeine ergötzen mag.
Nun scheint wieder eine Berichterstattung möglich, keinesfalls möchten wir die mittlerweile einzige Regionalgazette in ihrem absolutistischen Anspruch höchst anspruchsvoller Berichterstattung benachteiligen oder vergleichsweise simpel erscheinen lassen.
Und wenn dem so sein sollte, geschieht es ohne Absicht.
Kurzum mit der feurig und gut gespielten Ouvertüre zu Vincenzo Bellinis tragischer Oper Norma begann das Fest des Gesangs. Casta la diva heißt eine berühmte Szene, der bedeutenden Oper Bellinis uraufgeführt an der Mailänder Scala anno 1832. Aber die angehenden Diven kamen nicht mit Bellini zum Zuge, sondern mit Arien von Wolfgang Amadeus Mozart, Carl Maria von Weber, Jaques Offenbach bis hin zu Guiseppe Verdi und Otto Nicolai. Und die Startenöre von Morgen hatten mit Gioachino Rossini und Emmerich Kalman ihre großen Solo-Auftritte.
Zunächst aber gab es Grußworte von Graf Christian Bernadotte, der auf die Wichtigkeit des Vereins Opernakademie hinwies für Konzertprojekte. Zudem wurde von ihm eine sympathische Lockerungsübung eingeflochten, ein Ein-und Ausatmen fürs Publikum, dass den jungen Herrn von der Mainau nicht allein wegen seiner freien langen Haartracht vielleicht in der Nachfolge von Philosophen des Dixhuithieme wie Jean Jaques Rousseau, Voltaire und Emmanuel Kant und als Freigeist selbst auswies.
Warum nicht ein Jubiläum der Opernakademie beginnen mit Auszügen aus der Oper alle Opern. Nämlich dem Don Giovanni von Mozart nach dem herrlichen Libretto Lorenzo da Pontes. Nun konnte es losgehen mit den ausgewählten Gesangs-Studentinnen und Studenten aller Musikhochschulen aus Baden-Württemberg.
Aleksandra Damaschuk begann den Reigen mit der Arie der Zerlina „Vedrai carino“ mit ausdrucksvollen Bögen und geschmeidig geführter Singstimme ihres Mezzosoprans, das pochende Herz und die Seufzermotive wurden von der Philharmonie begleitend hervorgehoben. Darauf folgte Tomas García Santillan mit dem berühmten Ständchen des Don Giovanni aus dem zweiten Akt „Deh vieni alla finestra“, mir fehlte hier noch ein wenig Volumen in seiner an und für sich guten Stimme. Die Pizzikati der Streicher imitierten die begleitende Gitarre (eigentlich Mandoline oder Barockgitarre in Mozarts Partitur). Im wunderbaren Duett von Don Giovanni und Zerlina „La ci darem la mano“ gefiel der Sänger dann besser. In diesem Ohrwurm brillierten beide Stimmen in schönstem Reigen aristokratisch angehauchter Melodien, das naive Bauernmädchen und ihr Verführer der Nobile Don Giovanni. Hier greift Mozart im Grunde das alte Muster des Duetto da Camera auf, das insbesondere durch Agostino Steffani und Händel
nobilitiert wurde. Beide Solisten kommen von der Musikhochschule Karlsruhe.
Weiter ging es mit der berühmtesten Oper der deutschen Romantik, nämlich Carl Maria von Webers Freischütz. Die Arie des Ännchen übernahm Valerie Leoff von der Musikhochschule Trossingen mit gekonnter Bravur. Hier gibt es eine Solo-Bratsche, die in feinem Dialog mit der Singstimme steht. Noch einmal Mozart mit dem Duett aus der Zauberflöte bei Männern welche Liebe fühlen von Papagena und Papageno dies machten Lena Geiger und Friedemann Gottschlich von der Musikhochschule Freiburg zu einem bezaubernden Moment. Jacques Offenbach, dieser aus Frankfurt stammende brillante Komponist der Paris auf den Kopf stellte, darf natürlich nicht fehlen. Aus seiner Oper Hoffmanns Erzählungen, die auf Geschichten E.T.A. Hoffmanns beruht, der vielseitig begabt und ein Mozart verehrender Komponist (deshalb nannte er seinen dritten Vornamen A.wie Amadeus) zudem Zeichner und Dichter wie Theaterleiter und Jurist war, erklang die Arie der Automaten-Puppe Olympia. Diese kokette charmante Melodie brachte Karla Mosso, die ganz kurzfristig eingesprungen war, sehr gekonnt und mit Humor zum klingen. Die besungenen Vögel konnten wir förmlich singen hören, solange die Automaten-Puppe keine komponierten Aussetzer hatte. Wir hoffen nicht, dass eines Tages KI gesteuerte Sing Roboter auf unseren Bühnen agieren werden.
Was wäre ein Opernabend ohne die wie Champagner pulsierende Musik eines Gioacchino Rossini?
Die wohlbekannte Arie des Figaro aus Il Barbiere di Siviglia machte Suhong Lee von der Musikhochschule Trossingen zu einer bravurösen Nummer.
Dann ging es weiter mit einem Intermezzo aus Pagliacci von Ruggero Leoncavallo. Dr. Roland Schenkel berichtete von der Geschichte der Opernakademie vor 40 Jahren. Damals leitete Werner Stiefel die Philharmonie Baden-Baden und es gab sogar Opern-Aufführungen im Theater immer wieder zusammen mit den Nachwuchs-Kräften. Wieder beglückten Duette und Arien aus Mozarts Figaro danach, wobei Friedemann Gottschlich von der Musikhochschule Freiburg hinzu kam. In Richtung Operette wechselte das Programm mit Otto Nicolai und Emmerich Kalman, Lena Geiger gab eine Partie der Frau Fluth aus den „lustigen Weibern von Windsor“ mit Affekt und Piotr Grynowiecki das Lied Komm, Zygany aus Gräfin Mariza mit gekonnter Folkloristik.
Giuseppe Verdi machte den Beschluss. Mit einem Duett aus La Traviata ließen Neza Vaske und Yuhui Liang von der Musikhochschule Mannheim ihre Stimmen leuchten, bevor dann endlich alle Sängerinnen und Sänger zusammen sich zu einem rauschenden Finale aus Giuseppe Verdis La Traviata formierten und für kurze Zeit zusammen mit der Philharmonie Italienischen Opernhimmel nach Baden-Baden brachten. der hernach mit knallenden Sektkorken zusätzlich befeuert und gefeiert wurde. Viva la Musica!
Jean B. de Grammont