Simon Bolivar Petit Corona

Zu den Klassikern aus Kuba gehört ohne Frage die Marke Bolivar. Benannt nach dem berühmten venezolanischen Revolutionär, der große Teile Süd -Amerikas von der Vorherrschaft Spaniens befreite und das Reich von Groß-Kolumbien gründete und lenkte. Eine Kultfigur in Latein- Amerika ist Simon Bolivar geblieben. Freilich haftet auch dieser Geschichte Bolivars ein fader Beigeschmack an, worauf mich ein Freund mit spanischen und südamerikanischen Wurzeln hinwies, der überdies ein echter Aficionado ist. Jede Medaille hat ihre zwei Seiten.
Sogar Binde und Kiste der 1901 von Jose Fernando Rocha gegründeten Marke zieren sein Konterfei in der Uniform eines Generalfeldmarschalls um 1800. Bolivar kam aus einer hochangesehenen kreolischen Familie mit dem klingenden Namen Bolivar de la Santissima Trinidad, wurde von Privatlehrern erzogen und reiste immer wieder nach Europa und pflegte beste Kontakte zu den Eliten.
In Italien begegnete Bolivar einmal sogar Napoleon Bonaparte persönlich, dessen militärisches Genie auf ihn offensichtlich abfärbte.
Selbst mit dem Naturforscher Alexander von Humboldt traf sich Bolivar.
Seine Eltern hatten allerdings Kakaoplantagen und bauten keinen Tabak an. Warum aber nicht eine Zigarrenmarke nach diesem populären Volkshelden benennen?
Bedeutend wurde die Marke in den fünfziger Jahren als Ramon und Rafael Cifuentes sie übernahmen und erfolgreich weltweit vermarkteten. Das geschah alles vor der Revolution Fidel Castros. Heute gehört sie zu Habanos S.A. und wird in der Fabrik von Partagas gefertigt. Der Charakter der Bolivar-Zigarren ist kraftvoll und würzig. Sie sind eher Etwas für erfahrene Aficionados und den Connaisseur. Insbesondere die von uns probierte Petit- Corona hat es in sich, geradezu eine Granate an Aromen ist das, die einem Bolivar zum Sieg in einer Kavallerie-Schlacht verholfen hätte wäre diese eine Waffe. Zum Glück aber ist es nur eine Genuss-Granate. Klein, aber oho! Das Format ist nahezu identisch zur Romeo y Julieta No. 2.
Der Kaltgeruch lässt Heuduft aukommen. Das feingeäderte hellbraune Claro- Deckblatt ist gut gemacht. Abbrand und Zug lassen keine Wünsche offen, sofern die Zigarre gut angezündet und am besten ganz gecuttet wurde und regelmäßig gezogen wird. Dann hält die Asche lange und fest. Alles beste Handarbeit erfahrener Torcedores. Wir streiften nur zweimal den Aschekegel ab. Dann ist die vergoldete Binde erreicht mit ihren Medaillen und dem Porträt Bolivars, die man nun lösen mag. Holzig und ledrig schmeckt das erst, ein wenig nussige Süße kommt hinzu mitsamt Heu-Aromen und war es nicht zuletzt gar eine Spur an Trüffel, die da durchzog. Am Ende kommen aber dezente Pfeffer-und Chilinoten hinzu. Ein schwerer Rotwein oder ein kraftvoller Whiskey sind gute Begleiter.
Wir rauchten die letzte der Petit-Coronas aus dem Hause Bolivar an den Kolonaden zu Baden-Baden und der Rauch stieg schwebend in die immer kahler werdenden Äste der herbstlichen Kastanien, dem blassblauen wolkenverhangenen Himmel zu, während die Zigarre zu diesem Schauspiel der Vergänglichkeit genussvolle Kontraste setzte.
Jean B. de Grammont