Das Vokal-Ensemble Polyharmonique hat zusammen mit dem oh!-Orkiestra, einer polnischen Barock-Formation, beim Label CPO frühe Kirchenstücke von Johann David Heinichen und Georg Philipp Telemann aufgenommen.
Der Altus Alexander Schneider leitet die Aufnahme.
Das ist eine faszinierende Reise in die Klangwelt der Leipziger Kirchenmusik kurz nach 1700.
Der junge Heinichen studierte damals beim Thomas-Kantor Kuhnau die Kunst der Komposition. Währenddessen Telemann zunächst als Student der Jurisprudenz in Leipzig eingeschrieben war. Freilich kam Telemann dann bald zur Musik und gründete das studentische Collegium Musicum. Alsbald auch bewarb sich Telemann erfolgreich für das Amt des Organisten an der Neukirche. Und seitdem man seine Psalm- Vertonung „Ach Herr, straf mich nicht“ entdeckt und aufgeführt hatte, wurde der junge Telemann immer wieder zur Komposition von Kirchenmusiken verpflichtet.
Von Heinichen erklingt hier die Kantate zum dritten Osterfeiertag „Der Herr ist nahe“. Ein charaktervolles Werk, dass den Einfallsreichtum des jungen Heinichen belegt, mit kunstvoll gesetzten Chören und Chorälen sowie kurzen einprägsamen Arien. Die Barockstreicher begleiten gekonnt, Laute, Orgel und Cembalo
grundieren. Joowan Chung Sopran, Johannes Gaubitz Tenor und Cornelius Uhle Bass übernehmen die Soloparts wie die Chorstimmen zusammen mit Alexander Schneider. Womöglich ist die hier eingespielte Vertonung des 6. Psalms das Werk, welches den jungen Telemann in Leipzig als Komponisten bekannt machte.
In jedem Fall fließt diese Musik mit viel rhetorischem Ausdruck dahin und erinnert noch an das geistliche Konzert des 17. Jahrhunderts. Beeindruckend ist auch Telemanns Vertonung der Solokantate für Altus und Streicher“Meines Bleibens ist nicht hier“. Barocke Todes-Sehnsucht wird offenbar, insbesondere in dem lyrischen Arioso „Ich wandte fort nach meiner Ruh, mich in das Grab zu legen“, das der Altus in weit atmenden Bögen wunderbar gestaltet. Ebenfalls ein Zeugnis des
jugendlichen Genies Telemanns ist die Kantate „Sei getreu bis in den Tod“. Ein ausgedehnter Eingangschor von einem Streicher Ritornell gerahmt, erst homophon dann fugiert, rahmt diese Kantate ohne Rezitative, dazwischen stehen vier Arien für Bass, Alt , Sopran und Tenor, von ausgesprochen melodischer Qualität.
Eine Aufnahme, die jedem Freund hochbarocker Kirchenmusik empfohlen werden kann.
Jean B. de Grammont