





Wenn der deutsche „Quadratspießer“ die Namen Rameau und Rebel hört, denkt dieser vermutlich zuerst an einen billigen Käse, den er in einem Discounter seiner Wahl kaufen kann, um diesen dann bei übler Laune auf sein trockenes Brötchen schmieren zu können, zu welchem billiges Bier konsumiert wird.
Das Rameau und Rebel begnadete französische Komponisten waren, wissen eher diejenigen, welche feine französische Käse, im Idealfall vom Erzeuger wählen und schätzen und dazu edle französische Weine genießen.
In Frankreich sind Rameau und Rebel, zumindest in den gebildeten Kreisen, bekannt und es gehört zum guten Ton Rameau wie Rebel und seine Zeitgenossen wie Couperin im Konzert zu hören oder selbst auf dem Cembalo oder dem Klavier zu spielen.
Womöglich spielt ihn sogar Monsieur le President Emanuel Macron bisweilen, wenn er überhaupt noch dazu kommt. Auch wenn Macron sonst nicht so beliebt ist, Klavierspielen kann er. Man stelle sich etwa Friedrich Merz am Klavier mit Bach vor, lieber nicht!
Dafür aber stellen wir drei feine Aufnahmen der Musique von Rameau und Rebel vor, gerade auch für deutsche Leserinnen und Leser, die ein wenig französische Kultur kennen lernen möchten.
Da ist einmal die schöne Aufnahme von Jean Philippe Rameaus Pièces de Clavecin en Concerts, eine Sammlung von fünf Kammerkonzerten des Meisters aus dem Burgundischen Dijon, der freilich in Paris sein Glück als Opern- und Instrumental-Komponist gemacht hat.
Erschienen beim belgischen Label Flora in bibliophiler Aufmachung mit einem Porträt der Adélaide de la France, einer gerade als Musikerin begabten Tochter Ludwigs XV., und mit einem Faksimile des Titelblattes des alten Notenstichs von 1741 im Booklet.
Rameau ist in diesen Stücken ganz modern indem er ein konzertierendes Cembalo mit Violine und Viola di Gamba kombiniert, möglich ist ebenfalls eine Besetzung mit Flute traversière.
Es ist praktisch die Form des Klaviertrios avant la lettre. Und darüber hinaus erfindet Rameau hier wunderbare Charakter-Stücke. Denn viele Sätze tragen die Namen von Zeitgenossen Rameaus und ihm nahestehender Personen. Dann gibt es Charakterisierungen persönlicher Eigenschaften wie der Schüchternen oder der Indiskreten, Tanz-Sätze wie Menuett und Tambourin, dabei mit einem Zitat aus der Suite zu Rameaus großer Oper Castor et Pollux.
Das Ensemble Les Timbres mit Yoko Kawakubo Barock-Violine, Mariam Rignol Gambe und Julien Wolfs Cembalo verlebendigen diese raffinierte Kammermusik aus den Pariser Salons des Rokoko sehr subtil und elegant wie lebendig.
Sehr schön klingt das Clavecin hier, ein Nachbau eines Instruments von Henri Hemsch. Desgleichen haben die Streicher ein warmes Timbre. Reizvoll erstehen in musikalischen Bildern so Rameaus Frau La Rameau, dann die Frau von des Komponisten Mäzen Lapoblinière oder die Cembalistin Anne-Jeanne Boucon, ferner gibt es Darstellungen der Gambisten Marais und Forqueray. Ein Stück charakterisiert die Pantomime und anderes mehr. Es fließt und tanzt in dieser Aufnahme alles voller Eleganz und Rafinesse.
Dieser Prodktion stehen die beiden CDs beim Label CPO ebenbürtig zur Seite. Es spielt das ausgezeichnete Barock-Orchester L‘Orfeo unter Leitung von Michi Gaigg.
Auf einer kommt Jean Fery Rebels ausgefallene Suite über die Elemente hinzu. Rebel wurde einst als Wunderkind gefeiert und erhielt eine profunde Ausbildung bei Jean Baptiste Lully. Auch Rebel komponierte in allen Genres und war ein ausgezeichneter Geiger. Es gibt großartige Violinsonaten von Rebel. Diese erst um 1738 entstandene Tanzsuite für Orchester hält aber extravagante Besonderheiten bereit. Sie beginnt mit einer kühnen, sicher damals sehr verstörenden Klangmalerei des Chaos in d-moll, ein dissonanter Cluster erschreckt hier und darauf folgen nach und nach geordnet wie ein französischer Barock-Garten die Elemente wie Feuer und Wasser und Luft und der Gesang der Vögel und der Aufbruch zur Jagd wie Menuette und Tambourins in wunderbaren Orchester-Stücken, teils rhythmisiert von Perkussionsinstrumenten.
Dieser Simphonie nouvelle steht Rameaus Suite aus Castor et Pollux zur Seite. Das war Rameaus große Erfolgsoper im Jahr 1738.
Hier wird daraus eine große Suite an Tänzen präsentiert, die mit einer prächtigen Chaconne schließt.
Die zweite CD bringt die entsprechenden Suiten aus zwei weiteren Bühnenwerken Rameaus zu Gehör, bereichert um ein paar Gesangsnummern daraus für Haute Contre. Hier trefflich gesungen mit lyrischem Tenor von Anders J. Dahlin.
Zum einen aus Pigmalion, die Geschichte eines Bildhauers , der sich in die von ihm geschaffene Statue der Venus verliebt und diese zum Leben erwecken möchte. Und sodann aus Dardanus, einer Tragédie en musique. Beides ermöglicht den Einstieg in Rameaus Opernmusik. Wer hieran Gefallen findet, der steige weiter ein in die Zauberwelt der französischen Oper des 18ième.
Musikalisch wird sie nur belohnt werden. Es ist eine Reise in einen Zaubergarten, aber es ist eine ausgefallene Kunst und diese erfordert Muße und Feingespür, um ihre Schönheiten zu entdecken. Besagte CD-Aufnahmen sind ein guter Anfang zu einer solchen Reise.
Jean B. de Grammont

